Marina nimmt mit Foodpunk 15 kg ab und ist endlich frei von Heißhunger

23 Minuten Lesezeit
Vorher Nachher von Marina, die 15 kg abgenommen hat

Früher hatte ich ständig Heißhunger. Mit der Umstellung auf die Foodpunk Ernährung habe ich innerhalb von einem Monat meinen Heißhunger verloren. Ohne Sport habe ich 15 kg abgenommen. Da ich viel mehr Energie habe, habe ich nach meiner Abnahme auch wieder Lust auf Sport bekommen und liebe es jetzt, mich zu bewegen. Auch meine Haut ist dank der antientzündlichen Ernährung von Foodpunk viel besser geworden.

Nur perfekt bin ich jemals gut genug

Wenn du heute jemanden fragst, der mich aus meiner Teenagerzeit kennt, wirst du ganz unterschiedliche Einschätzungen über mich hören. In meinem inneren Kreis war ich selbstbewusst und frech. Dort fühlte ich mich sicher. Ich war der Klassenclown, der Punk mit bunten Haaren, schwarzen Klamotten und Nietengürtel. Während des Unterrichts hatte ich demonstrativ meine Füße auf dem Tisch, las Zeitung oder strickte. Auf der Schulfahrt nach Berlin liefen wir abends in Unterwäsche durch den Brunnen vorm Kanzleramt (da wir auf einem christlichen Gymnasium waren, wurde die Fahrt von Nonnen begleitet, die uns ziemlich durchnässt in der Unterkunft antrafen). Was haben wir uns mit 13 oder 14 cool gefühlt.

Gleichzeitig war ich das Mädchen, das stundenlang bei melancholischer Musik geheult hat. Jeder negative Kommentar über mich blieb an mir kleben wie Kaugummi an einem Turnschuh. Da konnte meine Mutter noch so stolz sein und mich bestärken, mein negatives Selbstbild lies nichts anderes zu. In Situationen mit fremden Menschen brachte ich kaum ein Wort heraus. Noch in der Uni konnte man mit mir kaum ein anständiges Gespräch führen, da ich nur mit knappen Sätzen antwortete, um dann auf die nächste Frage zu warten. Ich war einfach überzeugt, dass sich niemand für etwas aus meinem Mund interessieren würde.

Selbstverständlich fand ich mich auch zu dick und nicht attraktiv genug. Irgendjemand hatte mir ja einmal gesagt, dass irgendein Teenieschwarm Mädchen XY toller fand als mich, weil sie schlanker war und ich immer moppelig in meinen T-Shirts rumrennen würde. Das hat gesessen. Natürlich habe ich den Spott abgeschüttelt und bin erhobenen Hauptes voller Stolz weitergegangen und habe mir selbstbewusst gedacht, »der wird schon noch sehen, was er verpasst hat«. Quatsch. Natürlich habe ich das nicht gedacht. Ich war überzeugt, dass das meine Schuld sei – und das nicht nur in dieser, sondern in allen folgenden Situationen, bis in meine Zwanziger. Jede Zurückweisung konnte nur damit zusammenhängen, dass ich falsch war. Wenn ich endlich schlank, schön, interessant und perfekt werden würde, dann würde mein Leben endlich so sein, wie ich es mir erträumte. Ist doch logisch. Oder?

Daraufhin suchte ich mein Glück in 800-kcal-Diäten, die ich natürlich nie durchhielt. Brav aß ich meinen Hüttenkäse und meine Reiswaffel, um der Perfektion und meinem Wunschleben ein bisschen näher zu kommen. Das drastische Kaloriendefizit senkte mein Selbstbewusstsein weiter. Umso sicherer war ich mir, dass ich es nur wert bin, geliebt zu werden, wenn einfach alles an mir perfekt war.

Glücklicherweise hielt ich Hunger nie lange aus und aß abends Bananenquark, Sandwiches und Schokolade. Damit schluckte ich den Frust darüber herunter, dass ich schon wieder meinen Ansprüchen nicht genügte. Meine gesamte Jugend hatte ich dasselbe Gewicht (2 kg hin oder her) und rückblickend war ich schlank und sportlich. Aber ich schaffte es, mir das Leben so richtig zu vermiesen und viel zu viel Zeit mit negativen Selbstgesprächen in meinem Kopf zu verbringen.

Die Handbremse lösen

Fast jedes junge Mädchen hat solche Unsicherheiten und nicht wenige nehmen sie noch weit in das Erwachsenenalter mit. Man kann das als ganz normale »Teenieprobleme« abstempeln, wenn uns dieser negative Blick auf uns selbst nicht so sehr einschränken würde. Ein geringes Selbstwertgefühl zieht reelle Nachteile im Beruf und Privatleben nach sich und kann langfristig krank machen.

Das Leben mit ständigen Selbstzweifeln habe ich noch gut in Erinnerung und nun kann ich einen direkten Vergleich zu einem selbstbestimmten und selbstbewussten Leben ziehen. Ersteres fühlt sich an wie eine Fahrt mit angezogener Handbremse. Du kommst nicht wirklich voran, der Weg ist beschwerlich und mühsam. Immer wieder musst du pausieren, weil etwas schleift, überhitzt ist, raucht und stinkt. Die genaue Ursache kennst du nicht, aber du spürst instinktiv, dass etwas nicht stimmt und du doch eigentlich besser vom Fleck kommen müsstest. Die Schuld gibst du dann wieder dir selbst. Du beobachtest all die anderen Menschen und fragst dich, wie sie so leicht und beschwingt vorankommen. Unfair! Oder doch fair? Wahrscheinlich strengst du dich einfach nicht genug an, wahrscheinlich hast du es nicht anders verdient.

Lass uns diese Handbremse lösen. Denn du hast es verdient und dein Talent wird zweifelsohne belohnt werden. Wenn du es zulässt.
Ich habe meine Handbremse(n) gelöst und möchte dir nun die Strategien aufzeigen, die du in deinem Alltag anwenden kannst, um Stück für Stück immer reibungsloser voranzukommen. Äußere Herausforderungen wird es stets geben, lass uns einfach dafür sorgen, dass du nicht zusätzlich mit inneren Stolpersteinen zu kämpfen hast.

Wir überzeugen durch Kompetenz, oder?

Unsicherheit und ein geringes Selbstwertgefühl halten besonders Frauen häufig davon ab, Chancen zu ergreifen und sichtbar nach Erfolg zu streben. Studien zeigen, dass Frauen weniger selbstbewusst handeln als Männer. Wir wollen durch Kompetenz weit kommen und neigen dazu, unser eigenes Licht unter den Scheffel zu stellen. Dabei ist eine selbstbewusste Verhaltensweise ebenso relevant wie die fachliche Qualifikation, um auf der Karriereleiter nach oben zu steigen oder auch im Privatleben die eigenen Interessen durchzusetzen.

Hast du nicht auch diesen einen Kollegen, der immer nur darüber redet, wie großartig er ist und eigentlich nur heiße Luft von sich gibt? Hast du dich schon einmal darüber geärgert, dass genau dieser Kollege eine Beförderung erhalten hat, obwohl du vielleicht fachlich viel versierter bist? Der Kollege mag vielleicht nicht genauso gute Arbeit leisten wie du, aber er hat sein Ziel erreicht. Denn vielleicht wusste niemand, dass du diese Stelle willst und fachlich absolut geeignet dafür bist. Du hast nicht so laut darüber gesprochen.

In der Schule war ich im Theaterkurs. Im ersten Jahr hatte ich eine klitzekleine Nebenrolle und durfte genau einen Satz sagen. Während der Proben las ich mir die Texte der anderen Rollen durch und träumte davon, auch mehr Verantwortung zu bekommen. Ich gab mein Bestes und ging davon aus, dass die Gruppenleiterin schon »erkennen würde«, dass sie mir eine größere Rolle anvertrauen kann. Andere Teilnehmerinnen des Theaterkurses sagten einfach direkt, welche Rolle sie haben wollten und so war mein Hoffen natürlich vergebens. Solange niemand wusste, dass ich mich dafür interessierte, wieso sollte man mich beachten?

Erst im dritten Theaterjahr ging mein Prinzip auf: Ich lief während der Rollenvergabe zur Hochform auf und erhielt die Hauptrolle in Shakespeares »Wie es euch gefällt«, ohne danach fragen zu müssen. »Endlich wird mein Talent erkannt«, dachte ich mir. Das bestärkte mich in der Ansicht, dass ich mir »nur genug Mühe geben müsse«, um erfolgreich zu sein.

Ein Jahr später war ich wieder im Theaterkurs. Ich gab mir Mühe und ging davon aus, dass ich diejenige Rolle erhalten würde, die ich mir in den Kopf gesetzt hatte: Francisco Pizarro in Peter Shaffers Jagd nach der Sonne. Dieser ambivalente Charakter voller Stärke und Zweifel faszinierte mich ganz besonders. Die Kursleiterin sah mich aufgrund meiner etwas tieferen Stimme aber eher als Erzähler, der das Stück begleitete. Mein ganzer Körper sträubte sich dagegen. Wer will einen monotonen Erzähler spielen, wenn er schreien, weinen, grübeln, anführen, verzweifeln und in Schlachten ziehen kann? So besessen war ich von der Rolle des spanischen Eroberers, dass ich zum ersten Mal etwas anders machte: Ich sagte, dass ich diese Rolle haben wollte.

Fortan mussten zwei von uns sich beweisen. Ich sah mir jedes Material zu diesem Stück an, alles, was ich bekommen konnte. Nächtelang übte ich daheim die verschiedenen Charakterzüge. Und während des Unterrichts lernte ich Theatertext (super Idee im Abi-Jahrgang übrigens). Aber am Ende erhielt ich die Rolle.

In diesem Jahr hätte ich mir so viel Mühe geben können, wie ich wollte. Hätte ich nicht ausgesprochen, was ich wollte, wäre ich als Erzähler am Rand gestanden.

Allerdings verstehe ich das erst rückblickend. Im damaligen Moment konnte ich einfach nicht anders, als meinen Wunsch zu artikulieren. Es war mir so wichtig und die Emotion machte mich mutig. Aber ich war noch weit davon entfernt, meinen Glaubenssatz abzuändern und meine Interessen in Worte zu fassen. Das war ein Einzelfall. Nach wie vor war ich davon überzeugt, dass ich nur hart genug arbeiten müsse, um beachtet zu werden. Das änderte sich auch bis in die Mittzwanziger nicht.

Ein Faktor verbindet mich in dieser Geschichte mit vielen anderen Frauen: Wenn ich nicht
zu 100 % überzeugt gewesen wäre, dass ich qualifiziert bin, so hätte ich mich nie aktiv für diese Rolle ins Rennen gebracht.

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Das Selbstbewusstseinsgefälle

Im Jahr 2019 betrug der Frauenanteil in Vorständen und Geschäftsführungen von DAX- Unternehmen nur 14,7 % (Quelle: Statista 2020). Das ist bereits eine Steigerung zu den Vorjahren (2011 waren es 3,7 %), aber Frauen sind in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert. Der Gender Pay Gap (der Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern) liegt seit Jahren relativ konstant bei ca. 20 % (Quelle: Statistisches Bundesamt 2020). Wir Frauen verdienen bei gleicher Leistung 80 Cent, dort wo Männer einen Euro verdienen.

Selbstverständlich ist ein gesellschaftlicher Wandel nötig, um eine vollkommene Gleichberechtigung zu realisieren. Aber ich möchte in diesem Buch nicht die äußeren Umstände besprechen, die uns zurückhalten (die man zweifelsohne nicht negieren darf), sondern die inneren Umstände. Frauen ticken anders und stehen sich auf diese Weise oft selbst im Weg. Frauen setzen sich zögerlicher für ihre eigenen Interessen ein und haben weniger Freude an konfrontativen Verhandlungen.

Eine viel zitierte interne Analyse von Hewlett Packard zeigt, dass Frauen sich erst für eine Beförderung bewarben, wenn sie 100 % der Qualifikationen erfüllten. Männer bewarben sich bereits, wenn sie das Gefühl hatten, 60 % der Voraussetzungen zu erfüllen. Nach den Gründen gefragt, gaben die meisten Frauen an: »Ich rechnete nicht damit, den Job zu bekommen, und wollte mir die Mühe sparen.« Diese Einstellung kann uns viele Möglichkeiten verbauen. Wir bewegen uns dann immer nur in dem Bereich, den wir für sehr wahrscheinlich halten und scheuen uns Risiken einzugehen. In Studien, in denen Männer und Frauen dieselbe Leistung erbringen, überschätzen Männer ihr Ergebnis und Frauen unterschätzen es.

Die Studie bei HP war nicht die einzige Untersuchung dieses Phänomens. 2011 führte das »Institute of Leadership and Management« eine Umfrage unter britischen Managern und Managerinnen über ihre Zuversicht im Beruf durch. Die Hälfte der befragten Managerinnen gab an, Selbstzweifel bezüglich ihrer Leistung im Job zu haben. Nur 31 % der Männer trafen diese Aussage. Studie um Studie legt nahe, dass Frauen größere Selbstzweifel und ein geringeres Selbstwertgefühl haben. Ihren SelbstWERT schätzen Frauen auch bei dem Thema Gehalt um einiges geringer ein. Linda Babcock, Wirtschaftsprofessorin an der Carnegie Mellon University und Autorin des Buchs »Women don’t ask«, beobachtete in Studien, dass Männer viermal öfter nach einer Gehaltserhöhung fragten. Und wenn sich Frauen dann in einer Gehaltsverhandlung befanden, forderten sie im Durchschnitt 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen.

Der Dunning-Kruger-Effekt

Schon einmal etwas vom Dunning-Kruger- Effekt gehört? Der erfundene Kollege, den ich vorhin beschrieben habe, könnte ein lebhafter Vertreter dieses Phänomens sein: Viel heiße Luft, wenig dahinter. Die Psychologen der US-amerikanischen Cornell University fanden einen kontraintuitiven Zusammenhang von Kompetenz und Selbstbewusstsein. Inkompetente Menschen neigten auf fabelhaft systematische Weise dazu, das eigene Wissen und Können zu überschätzen. Kompetenz und Selbstbewusstsein zeigten in den Studien der Psychologen einen reziproken Zusammenhang. Personen mit hoher Kompetenz schätzten ihre Fähigkeiten geringer ein als Personen mit geringer Kompetenz. Unwissenheit führte in verschiedenen Bereichen zu mehr Selbstvertrauen als Wissen. Die vermutete Ursache: Erst wenn ich in einem Bereich ausreichend kompetent bin, kann ich meine eigene Inkompetenz erkennen. Wenn ich über einen Bereich nicht viel weiß, kann ich nicht wissen, was ich nicht weiß. Catch 22.

Später wollten Dunning und Kollegen einen ähnlichen Sachverhalt untersuchen, der Frauen und wissenschaftliche Themen betraf. Bist du gut in Mathe? Oder Physik? Falls du eine Frau bist und deine Antwort »Ja« lautet, ist das nicht selbstverständlich. Sicher kennst du viele Mädchen und Frauen, die bei mathematischen oder physikalischen Themen ganz instinktiv zusammenzucken und recht schnell davon ausgehen, dass das nichts für sie ist.

Im 2003 veröffentlichten Artikel »How chronic self-views influence (and potentially mislead) Estimates of performance« beschreiben David Dunning und Joyce Ehrlinger eine umgesetzte Studie: Sie ließen Frauen und Männer einen Test durchführen, bei dem es um wissenschaftliche Fragestellungen ging. Vor dem Test mussten die Teilnehmer ranken, wie gut ihre naturwissenschaftlichen Fähigkeiten sind. Im Anschluss wurden sie gebeten, ihre Leistung im Test einzuschätzen.

Sowohl vorab bei der generellen Beurteilung ihres wissenschaftlichen Know-hows als auch nach dem Test bei der Beurteilung des konkreten Abschneidens schätzten sich die weiblichen Teilnehmer schlechter ein als die männlichen. Die tatsächlichen Leistungen waren allerdings in beiden Gruppen identisch.

Zum Schluss wurde allen Anwesenden die Teilnahme an einem wissenschaftlichen Wettbewerb angeboten, bei dem es auch Preise zu gewinnen gab. Frauen lehnten dies deutlich häufiger ab und die Zurückhaltung korrelierte mit ihrer Selbsteinschätzung viel mehr als mit der tatsächlichen Leistung. Unsere Glaubenssätze über uns selbst (»ich bin nicht gut in naturwissenschaftlichen Themen«) haben konkreten Einfluss darauf, welche Chancen wir wahrnehmen.

Mathe ist nichts für Mädchen

Diese Selbsteinschätzung ist uns nicht angeboren. Sie beginnt im Kindes- und Teenageralter und kann sehr stark durch Klischees bestärkt werden. Die Gesellschaft schreibt Jungen und Mädchen unterschiedliche Fähigkeiten zu und von klein auf werden je nach Geschlecht unterschiedliche Hobbies als »normal« anerkannt.

In diesem Fall kann ich von Glück sagen, dass mich naturwissenschaftliche Unsicherheit nie betroffen hat. Ich habe Naturwissenschaften geliebt und wäre niemals auf die Idee gekommen, dass ich darin schlecht sein könnte.

Spätestens im Teenageralter lernen Mädchen den Glaubenssatz, dass sie in naturwissenschaftlichen Themen nicht so gut seien wie Jungs. Dass dieser Kelch an mir vorübergegangen ist, verdanke ich in großen Teilen meiner Schule. In der Grundschule und im Gymnasium war ich auf einer katholischen Klosterschule. Wenn du das hörst, denkst du sicherlich nicht zuerst an Naturwissenschaften. Aber diese Schule war besonders – sie war eine reine Mädchenschule und hatte ein vielfältiges naturwissenschaftliches Angebot. Der Gedanke, dass Jungs besser in Mathe sind als Mädchen, fand deshalb nie den Weg in meinen Kopf, da ich nie eine Gelegenheit hatte, mich zu vergleichen. Mit 12 bin ich in den Wahlkurs »Amateurfunk und Technik« eingetreten. Nach Unterrichtsschluss durften wir dort Schaltkreise löten, wir funkten mit dem deutschen Astronauten Thomas Reiter auf der ISS. Per Packet-Radio (ein Verfahren zur digitalen Datenübertragung) holten wir uns die sogenannten Kepler-Daten, die die Umlaufbahn von Flugkörpern beschrieben, um zu berechnen, wann die ISS nachts am Himmel sichtbar sein würde. Ich stellte den Wecker, um zur richtigen Uhrzeit den leuchtenden Stern am Himmel zu beobachten, in dem die Astronauten ihre Forschungsarbeit verrichteten.

Das war zu einer Zeit, als wir noch nicht einmal eine Internet-Flatrate daheim hatten. Nach der Schule verbrachte ich die Zeit am liebsten in einem Elektroladen. Dort konnte man Widerstände, Platinen, Lötzinn und Lötkolben ergattern. Bei all dem ist mir nie in den Sinn gekommen, dass ein Elektrofachgeschäft ein ungewöhnlicher Ort für ein 12-jähriges Mädchen ist. Das wusste ich einfach nicht. Ich bin dankbar, dass sich der Glaubenssatz zu Frauen und Technik bei mir nie gefestigt hat.

Mit meinen Platinen und Drähten begann ich »Roboter« zu löten. Zu dieser Zeit gab es eine Sendung im Kinderkanal (KiKa) und einmal wöchentlich wurde DER Kikanier gekürt (ein Kind mit speziellen Fähigkeiten oder Hobbies). Ich bewarb mich dort mit meinen Robotern und wurde ausgewählt. Ein Filmteam kam zu uns nach Hause und später durfte ich mit meiner Familie nach Erfurt ins ZDF-Studio fahren, um bei der Studioaufzeichnung dabei zu sein. Meinen Eltern und dem Team erzählte ich eine erfundene Geschichte: Ich sagte, mein Bruder hat den Bewerbungsbrief geschrieben und ich habe nichts davon gewusst. Es war mir schrecklich peinlich, dass ich mich selbst dort beworben hatte und auch noch genommen wurde. Ich war nicht in der Lage zuzugeben, dass ich stolz auf meine Kreationen war, und schon gar nicht konnte ich einräumen, dass ich der Ansicht war die Fähigkeit zu haben, in solch eine Sendung zu kommen. Wer so etwas von sich dachte, der musste arrogant sein. Das war mein Glaubenssatz.

Das, was mich als Teenager daran hinderte, offen zuzugeben, dass ich selbst aktiv in die Sendung wollte, ist ein bekanntes Phänomen. Wenn Frauen einen Erfolg verzeichnen, vermuten sie die Ursache dafür sehr häufig bei den äußeren Umständen: »Ich hatte Glück«, »Man hat mir geholfen«, »Ich habe hart gearbeitet«. Wenn Männern ein Durchbruch gelingt, suchen sie den Grund dafür eher bei sich: »Ich hab es halt drauf«. Frauen scheuen sich davor, sich Erfolge selbst zuzuschreiben.

Vorher Nachher von Marina, die 15 kg abgenommen hat

Heidi und Howard

Heidi Roizen ist eine sehr erfolgreiche Unternehmerin und Risikokapitalgeberin aus dem Silicon Valley. Die angesehene Geschäftsfrau besitzt ein großes Netzwerk, das sie auch zu nutzen weiß. 2003 war ihr Lebenslauf Grundlage eines Experiments an der Columbia Business School. Studenten erhielten einen Bericht über ihr Netzwerk und ihre Karriere und sollten Heidi Roizen nach verschiedenen Kriterien bewerten. Allerdings stand bei der Hälfte der Studenten nicht der Vorname Heidi auf dem Bericht, sondern Howard.

In den Bewertungen der Studenten schnitten Heidi und Howard gleichermaßen kompetent ab. Beruflich hielt man beide für erfolgreiche Geschäftsleute. Gleichwohl fanden die Studenten Howard deutlich sympathischer. Mit Heidi wollte man weniger zu tun haben, sowohl beruflich als auch privat. Die Studenten bewerteten Heidi als egoistisch und kompliziert, während Howard ein inspirierender und cooler Typ war, mit dem man auch gerne mal auf einen Drink gehen würde.

Nur ein einzelnes Wort – Howard statt Heidi – machte den Unterschied. Allein die Änderung des Vornamens veränderte die Wahrnehmung der Studenten komplett. Die Beurteilungen des Lebenslaufs unterschied sich übrigens nicht zwischen weiblichen und männlichen Teilnehmern. Auch Studentinnen hatten einen eher unsympathischen Eindruck von der Geschäftsfrau Heidi.

All die Charakterzüge, die man an einem »Anführer« schätzt, passen eher nicht zu dem gesellschaftlich tief verankerten Bild von den idealen Wesensmerkmalen einer Frau. Anführer sind laut, forsch, dominant und geben den Ton an. Sie sagen, wo es langgeht, und sie setzen ihre Interessen durch. Erfolg und Sympathie korrelieren bei Männern positiv – bei Frauen dagegen negativ. Die meisten Frauen haben ein hohes Interesse daran, gemocht zu werden. Oft scheuen sie sich vor
der Konfrontation und sehnen sich nach Harmonie. Das wird in vielen Situationen dazu führen, dass sie den Kürzeren ziehen. Für mich hat ein Sprung ins kalte Wasser viel verändert. Manchmal glauben andere Menschen an dich, bevor du es selbst tust.

Ab ins kalte Wasser

Mit 16 Jahren begann ich die Arbeit hinter den Fernsehkulissen. Für mich war das der ideale Schülerjob, samstags und sonntags war ich »Kabelhelferin«. Das ist so simpel wie es klingt: Ich sorgte dafür, dass die Kabel vor Beginn einer Fernsehproduktion ordentlich in Achten am Boden lagen und hielt die Kabel während der Produktion so, dass der Kameramann ausreichend Spiel hatte, aber dennoch nie mit der Kamera über eines der Kabel fuhr. Ich schenkte den ModeratorInnen Wasser ins Glas und räumte das Studio auf.

Das machte ich einige Jahre lang und war dabei immer beflissen. Von meiner Mutter hatte ich Fleiß gelernt und empfand Arbeit nie als etwas Negatives. Als ich 20 Jahre war, teilte mir ein Vorgesetzter mit, dass ich zukünftig als Aufnahmeleiterin arbeiten sollte. Das war natürlich herrlich aufregend, zeitgleich aber auch beängstigend. Als Aufnahmeleiterin war ich von einem Tag auf den anderen quasi »Chefin« meiner ehemaligen Kabelhelferkollegen und musste auch MitarbeiterInnen mit deutlich mehr Berufserfahrung sagen, wann sie wo zu sein hatten.

Mein erster Einsatz war eine Katastrophe.
Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich durchsetzen und wie ich überhaupt den Tag durchstehen sollte. Wem sollte ich am besten wann was sagen? Was würde passieren, wenn wir an einer Stelle überzogen und aus dem Zeitplan fielen? Durfte ich dem Regisseur sagen, dass wir schneller arbeiten sollten? Wem hatte ich etwas vorzugeben und wer mir? Wie ging ich mit meinen ehemaligen KollegInnen um? Mein Vorgesetzter erklärte mir, wie ich mich zu verhalten hatte. Der Regisseur legte mir dar, wie ich mich zu verhalten hatte. Jeder sagte etwas anderes und ich war heillos überfordert.

An diesem Tag lief ich alle zehn Minuten in die Maske und ging der Moderatorin und Maskenbildnerin auf die Nerven, indem ich ständig nachhakte, ob sie die Uhr im Blick hätten. Ich fauchte einen Kollegen an, wo er denn gefälligst gewesen sei, als er nur eine Minute zur Toilette ging. Irgendwann während der Produktion versteckte ich mich hinter den Kulissen und kämpfte mit den Tränen. Mein Vorgesetzter erklärte mir wieder, wie ich mich zu verhalten hatte, und der Regisseur erzählte mir genau das Gegenteil.

Die Produktion ging noch einige Tage, aber die Verantwortlichen machten meinem Vorgesetzten gegenüber deutlich, dass ich auf keinen Fall noch einmal eingesetzt werden durfte. Er suchte eine Alternative, handelte mir eine Ausfallgage aus und setzte mich ein paar Wochen später wieder ein. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass sich das erledigt hatte. Aber er war überzeugt, dass ich das schon schaffen werde. Manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden. Ich übte, wie ich meine eigene Art fand. Wie ich mir Rat anhörte, aber nicht alles so machte, wie andere es wollten. Jeder Hinweis durfte erst einmal durch meinen internen Filter. Ich lernte, dass es nicht mein Job war, von allen gemocht zu werden, sondern die Produktion reibungslos laufen zu lassen.

Mittlerweile studierte ich Ernährungswissenschaften an der TU München. Dort fand ich nicht wirklich Anschluss, weil ich nach der Uni und am Wochenende stets arbeitete.

In der Mittagspause setzte ich mich lieber zum Lernen in die Bibliothek, als mich mit anderen auszutauschen.

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Äußeres ist nicht gleich Inneres

Mein Leben sah vielleicht von außen ganz interessant und erfolgreich aus. Ich schrieb gute Noten und hatte einen gut bezahlten
Job. Aber mir ging es nicht gut. Meine Unsicherheit verfolgte mich an jedem einzelnen Tag. Es war mir ein Rätsel, wie andere Menschen Small Talk führten. Mir fiel einfach nichts ein und alles, was mir durch den Kopf ging, stempelte ich als nicht relevant genug ab. Ich liebte meine Arbeit und war trotzdem an jedem einzelnen Tag extrem unsicher. Es war nie das Geld, das mich arbeiten ließ. Bei keiner einzigen Schicht hatte ich die Gage vor Augen, dass ich jetzt wieder verdiente und was ich damit kaufen würde. An jedem einzelnen Tag wollte ich nur etwas besser sein als zuvor.

Recht schnell verstand ich das Prinzip von »Fake it till you make it«. Jede Schicht als Aufnahmeleiterin war in den ersten Jahren nichts anderes als eine Theaterrolle. Schon am Vortag ging ich jeden Schritt in meiner Vorstellung durch. In der Arbeit angekommen, musste ich alle Tätigkeiten Stück für Stück im Geiste abhaken, aus Angst, etwas zu vergessen und als Hochstaplerin aufzufliegen. Bevor ich mit ModeratorInnen, Regisseuren oder Kameraleuten sprach, versteckte ich mich auf der Toilette und versuchte, mich in die selbstbewusste Rolle zu pushen. 10 Liegestützen am Waschbeckenrand, 10-mal tief durchatmen, auf die Brust trommeln, los geht’s!

Ich stülpte mir eine souveräne Rolle über, aber es gelang mir trotzdem nicht, meine Unsicherheit zu verbergen. Alle vorab geplanten Gespräche konnte ich führen, aber es klappte nie, mich in spontanen Momenten zu artikulieren. Oft raste mein Herz, wenn ich unvorbereitet angesprochen wurde.

Arbeit als Zufluchtsort

Ich stürzte mich in Uni und Arbeit, um meine soziale Schwäche zu verbergen, und isolierte mich so immer mehr von entspannter, echter Kommunikation. Fachlich gesehen hatte die enorme Arbeitszeit sicherlich ihre Vorteile, denn ich besuchte Zusatzvorlesungen in Neurogenetik und Neurobiologie, vertiefte mein Wissen in Biochemie und Humangenetik. Prüfungen funktionierten nach meinem etablierten Prinzip: Ich musste mich nur anstrengen, dann schrieb ich eine 1,0. Wenn ich schlechter abschnitt, wusste ich, dass der Fehler bei mir lag. Er bestätigte meinen Glaubenssatz, dass alles von Kompetenz abhing.

Für Prüfungen und Bücher brauchte ich kein soziales Geschick und kein Selbstbewusstsein. Ganz besonders fesselten mich Bücher zur Persönlichkeitsentwicklung und Effizienz. In Büchern versuchte ich, von Dale Carnegie zu lernen, »wie man Freunde gewinnt«. »Ich mach dich selbstbewusst und glücklich«, versprach mir Paul McKenna. Ich las Bücher dazu, wie man Small Talk führt (dazu gibt es tatsächlich Lesestoff) oder ich ließ mir von David Allen erklären, wie man »die Dinge geregelt kriegt«. Mich faszinierten die »7 Wege zur Effektivität« von Stephen R. Covey und ganz besonders Sheryl Sandbergs »Lean In«.

Hindernis Perfektionismus

Obwohl ich eigentlich gut in den Prüfungen abschnitt, führte meine innere Unsicherheit immer wieder dazu, dass ich kurz vor knapp aufgab. Aus panischer Angst nicht perfekt abzuschneiden, verschob ich die Prüfung. Um Angst zu verlieren und Souveränität zu gewinnen, schrieb ich Erfolge aus der Vergangenheit auf. Jeden Tag listete ich drei Dinge auf, auf die ich stolz war. Jeden Tag versuchte ich, einen positiven Satz über mich zu formulieren. Aber nur, weil es auf dem Papier stand, glaubte ich noch lange nicht daran. Ebenso bewirkte es nicht viel in mir, meine eigenen Stärken aufzulisten oder mir im Kopf die beste Version meiner selbst vorzustellen. Ich kannte nun all die Strategien für mehr Selbstbewusstsein und führte sie brav durch, aber nach wie vor fühlte sich das an wie eine Rolle. Mittlerweile beherrschte ich das »fake it till you make it« recht gut und konnte mich phasenweise, wenn nötig, in eine selbstbestimmte Person verwandeln. Aber diese Rolle war enorm anstrengend und jeder Tag als »starke Frau« ließ mich abends erschöpft ins Bett fallen. Soziale Kontakte waren kräftezehrend.

Auch wenn ich keinen Effekt verspürte, so machte ich doch immer wieder weiter und verankerte die Strategien in meinem Alltag. Zwischenzeitlich hatte ich vor lauter Stress und Einsamkeit meinen Hunger verloren und 10 kg abgenommen.

Unsere oberflächliche Welt

Plötzlich wurde ich im Bus angesprochen und »wichtige« Arbeitskollegen wollten mich überreden, noch auf die After-Show-Party mitzukommen. Männer, mit denen ich zuvor nie etwas zu tun hatte, obgleich ich schon seit Jahren mit ihnen zusammenarbeitete. Eine Moderatorin fragte mich nach Ernährungstipps. Ich bekam so viel Aufmerksamkeit wie noch nie. Dabei war ich offensichtlich untergewichtig und im Innern unsicher und ängstlich. Mein Körperfettanteil war so gering, dass ich meine Periode nicht mehr bekam. Das war ganz klar kein gesunder Körper und dennoch anscheinend attraktiv. Im Winter war mir so kalt, dass ich mein Bett nahe an die Heizung schob und mir meine Gliedmaßen zwischen den Heizungssprossen wärmte. Vor allem aber war ich leer und unglücklich.

Als ich endlich meinen Appetit wiederfand, war ich so begeistert von der inneren Wärme und über die zurückkehrende Stärke und Kraft, dass ich jetzt nur noch essen wollte. Aus Panik vor dem nächsten Nahrungsmangel hatte mein Körper ständig Heißhunger und nahm 20 kg zu. Die ersten zusätzlichen Kilo fand ich gut, dann bekam ich Angst und nachdem ich 12, 15, 16 kg Zunahme überschritten hatte, geschah etwas Sonderbares. Kollegen fingen an zu lästern. Die oben erwähnten Personen wollten nichts mehr mit mir zu tun haben. Aber ich war doch dieselbe Person?

In diesem Moment machte es KLICK und ich entkoppelte mein Selbstbewusstsein komplett von Äußerlichkeiten. Wenn Menschen mir nur Aufmerksamkeit entgegenbrachten, wenn ich einem Schönheitsideal entsprach und nicht wenn ich zunahm, wessen Problem war das?

Sagte das nicht viel mehr über diese Menschen aus als über mich? Auf einmal konnten die ganzen Strategien für mehr Selbstbewusstsein und mehr Lebensglück ihre Wirkung entfalten. Da mein Körperfettanteil stieg, hatte mein Körper wieder die Möglichkeit, wichtige Sexualhormone wie Testosteron und Östrogene zu produzieren. Nicht nur meine Periode kam zurück, sondern ich konnte endlich wieder Zuversicht empfinden. Ich aß genug und mein Gehirn war endlich wieder in der Lage, Glückshormone zu produzieren. Zwar hatte ich im Studium der Ernährungswissenschaften jedes kleinste Detail des menschlichen Stoffwechsels gelernt und ich wusste, dass alle Körperzellen auf gewisse Nährstoffe angewiesen waren – Hormone, die unsere Emotionen und unser Selbstbewusstsein mitbestimmten, wurden aus Bestandteilen der Nahrung hergestellt, und Vitamine waren nötig, damit all diese Reaktionen reibungslos ablaufen konnten.

Das hatte ich zwar auf dem Papier bereits verstanden, aber nie ist es mir deutlicher geworden als damals. Ich hatte den direkten Vergleich: Dünn und unterernährt war ich noch unsicherer als zuvor und hatte an vielen Tagen das Gefühl, dass ich einfach nicht in der Lage war, Glück zu empfinden. Diese Wahrnehmung hatte eindeutig einen biochemischen Grund. Als ich meinen Körper wieder richtig ernährte, sprangen all die Reaktionen wieder an.

Daraufhin schwor ich mir, zu keiner Zeit wieder weniger zu essen, um abzunehmen. Ich wollte mich ab sofort gesund ernähren, um meinem Körper all das zu geben, was er braucht. So ließ der Heißhunger nach und ich verlor ganz entspannt ohne Sport 15 kg – jetzt wiege ich wieder exakt so viel, wie ich immer gewogen hatte. Nun habe ich Energie, Kraft und meine Lust auf Sport und Bewegung wieder gefunden.

Meine Glaubenssätze haben sich nachhaltig verändert. Kurz nach der eben beschriebenen Erfahrung kündigte ich meinen Job beim Fernsehen und gründete die Foodpunk GmbH. Ohne Businessplan. Voller Zuversicht, dass ich das schon meistern werde.

Der Artikel wurde geschrieben von

Marina Lommel

Marina gründete Foodpunk nach ihrem Abschluss in Ernährungswissenschaften und ist aktuell CEO des Unternehmens. Während ihres Studiums arbeitete sie in verschiedenen Bereichen, darunter in der Wissenschaftsredaktion beim Radio, Redaktion beim TV und Uni-Wissensmagazin sowie im Labor am DZNE in der Parkinsonforschung. Marina ist außerdem Autorin von 5 ernährungswissenschaftlichen Sachbüchern.

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