Wer hat die ketogene Diät erfunden?

Geschrieben von Marina Lommel
4 Minuten Lesezeit
30. Januar 2015 zuletzt aktualisiert am 27. April 2023 von Annalena Gebhardt

Nein, die ketogene Diät ist keine neumodische Erscheinung zum Abnehmen. Sie ist keine Crash-Diät und kein vorübergehender Trend.

Die ketogene Diät, kurz KD, wird seit nahezu einhundert Jahren zur Therapie von Epilepsie im Kindes- und Jugendalter angewandt. Bereits im Altertum hatte man festgestellt, dass Fasten die Anfallshäufigkeit bei Epilepsieerkrankten vermindern konnte. Im 5. Jahrhundert vor Christus vermerkte der griechische Arzt Hippokrates in seinen Aufzeichnungen, dass sich der Zustand von Patienten besserte, wenn sie komplett auf Nahrung verzichteten. Dieses Wissen wurde dann aber für lange Zeit nicht genutzt.

Zwei Franzosen entdeckten das Fasten wieder als Behandlungsmethode für Epilepsie.

1911 veröffentlichten die französischen Mediziner Guillaume Guelpa und Auguste Marie eine wissenschaftliche Arbeit über die Wirkung des Nahrungsverzichts bei Epilepsie:  „La lutte contre l’épilepsie par la désintoxication et par la rééducation alimentaire“ („Der Kampf gegen die Epilepsie durch Entgiftung/Entzug und Ernährungs-Umerziehung“). Das Fasten konnte man aber nicht unendlich lange beibehalten und sobald man es unterbrach, kamen die Anfälle zurück. Darum suchte man nach einer Methode, mit der man die biochemischen Effekte des Fastens nachahmen konnte, ohne komplett auf Nahrung verzichten zu müssen. 1921 führte der amerikanische Arzt Russell M Wilder an der Mayo Clinic in Minnesota zum ersten Mal eine ketogene Diät an Patienten im Kindes- und Jugendalter durch. Er war es, der den Begriff „Ketogene Diät“ (engl. ketogenic diet) prägte. Diese Diät führte ebenso wie das Fasten zu einer Anfallsreduktion. Ihr Vorteil war, dass sie die Versorgung des Patienten mit Energie und Nährstoffen möglich machte.

Im Gegensatz zum Fasten konnte die ketogene Diät dauerhaft beibehalten werden.

Fortan wurde die ketogene Diät an der Mayo Clinic als reguläre Behandlungsmethode bei Epilepsie im Kindes- und Jugendalter angewandt und verbreitete sich über ganz Amerika. Mit der Entwicklung von Medikamenten gegen Epilepsie (antikonvulsive Medikamente, Antikonvulsiva) insbesondere Phenytoin 1938, trat die KD zunehmend in den Hintergrund und wurde jahrzehntelang nur noch als allerletzte Möglichkeit gesehen. Sie wurde dann eingesetzt, wenn der Patient eine sogenannte pharmakoresistente Epilepsie hatte, also auf gar kein Medikament ansprach.

Du möchtest dich auch gesünder ernähren?

Seit Mitte der 90er Jahre ist das Interesse an der ketogenen Diät wieder stark gestiegen.

Dies verdeutlicht ein Blick auf die Studien, die im letzten Jahrhundert zur KD veröffentlicht wurden. Eine Suche in einer großen Datenbank für wissenschaftliche Veröffentlichungen (PubMed), die ich am 11.12.2014 durchgeführt habe, ergab 1287 Treffer. Konkret habe ich nach „ketogenic diet“[Title/Abstract] gesucht, also nach allen Studien, bei denen der Begriff „ketogenic diet“ im Titel oder in der Zusammenfassung auftaucht. Betrachtet man die Verteilung der Studien auf die Jahre 1931-2014 wird deutlich, dass die KD lange Zeit bekannt war, aber erst seit 1995 wieder in den Fokus der Wissenschaft gelangte. Ab diesem Zeitpunkt stieg die Studienanzahl bis heute stark an. Die meisten Studien befassen sich mit der Wirkung der ketogenen Diät auf Epilepsie, aber auch bei Pyruvatdehydrogenase-Defekt und GLUT-1-Defizienz-Syndrom wird die KD schon länger als Therapie angewandt und studiert. In jüngeren Jahren werden zudem laufend weitere Anwendungsgebiete propagiert: Darunter beispielsweise Metabolisches Syndrom, neurodegenerative Erkrankungen und Krebserkrankungen.

Ist die ketogene Diät ein Allheilmittel?

Manchmal bekommt man diesen Eindruck. Aber ist da was dran? Damit ihr das beurteilen könnt stelle ich euch in den nächsten Artikeln über ketogene Diät wissenschaftliche Untersuchungen vor und erläutere die biochemischen Hintergründe dieser Ernährungsform. Was passiert da eigentlich im Stoffwechsel?

Die „Schnelle Lachs-Lauch-Pfanne“ findet man z.B. im ketogenen Ernährungsplan in der Foodpunk App.

Bleibe immer auf dem Laufenden mit unserem Newsletter

Quellen:

Guelpa G, Marie A. 1911. La lutte contre l’épilepsie par la désintoxication et par la rééducation alimentaire. Rev Ther Medico-Chirurgicale, (78): 8–13.

Peterman MG. 1924. The Ketogenic Diet in the Treatment of Epilepsy a Preliminary Report. Am J Dis Child, 28(1): 28-33.

Peterman MG. 1925. The Ketogenic Diet in Epilepsy. JAMA, 84(26): 1979-1983.

Temkin O. 1971. The Falling Sickness. Zweite Aufl. Baltimore: Johns Hopkins University Press.

Wheless JW. 2004. History and Origin of the Ketogenic Diet. In: Stafstrom CE, Rho JM. Epilepsy and the Ketogenic Diet. Erste Aufl. New York: Demos.

Wilder RM. 1921. The effects of ketonemia on the course of epilepsy. Mayo Clin Proc, 2: 307–308.

Der Artikel wurde geschrieben von

Marina Lommel

Marina gründete Foodpunk nach ihrem Abschluss in Ernährungswissenschaften und ist aktuell CEO des Unternehmens. Während ihres Studiums arbeitete sie in verschiedenen Bereichen, darunter in der Wissenschaftsredaktion beim Radio, Redaktion beim TV und Uni-Wissensmagazin sowie im Labor am DZNE in der Parkinsonforschung. Marina ist außerdem Autorin von 5 ernährungswissenschaftlichen Sachbüchern.

Ähnliche Beiträge von Foodpunk

Xylit_Erythrit
Asia Bowl Low Carb
Die Zellen unseres Immunsystems
Gesund durch die Wiesn - Oktoberfest
Zurück zur Übersicht

FOOD

Dein individueller Ernährungsplan

Fülle jetzt den Fragebogen aus und hol dir deinen individuellen Ernährungsplan