Alles über Protein

Geschrieben von Marina Lommel
11 Minuten Lesezeit
4. Juni 2018 zuletzt aktualisiert am 1. August 2023 von Annalena Gebhardt

Inhaltsverzeichnis

    1. Was ist eigentlich Protein?

    Im folgenden Artikel wollen wir euch ein wenig mehr über Proteine erzählen. Von unseren drei Makronährstoffen (Kohlenhydrate, Proteine, Fett) stellen Proteine die vielfältigste Gruppe von Molekülen dar. Sie spielen praktisch in allen biologischen Strukturen und bei allen Abläufen in unserem Körper eine Rolle.

    Wenn es um Ernährung geht, sprechen wir häufig nur davon, dass Proteine wichtig für den Muskelerhalt sind und in einem bestimmten Verhältnis in unserer Nahrung enthalten sein sollten. Dabei werden Proteine gerne zu einer einheitlichen Substanz verallgemeinert. Natürlich gibt es nicht das eine Protein, sondern tausende verschiedene Proteine in unterschiedlichen Größen, Formen und was am wichtigsten ist: Mit unterschiedlichen Aufgaben.

    Proteine sind nicht nur für den Muskelerhalt wichtig!

    Wir gehen später noch auf die vielfältigen Funktionen ein. Hier nur ein paar Beispiele: Es gibt strukturgebende Proteine, Transportproteine, Enzyme, Speicherproteine und noch viel mehr. Aber warum können Proteine eigentlich so viele verschiedene Aufgaben übernehmen? Um das zu verstehen, schauen wir uns die Struktur etwas genauer an.

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    1.1. Das Baukastensystem Proteine

    Die kleinste Baueinheit der Proteine nennt man Aminosäuren. Es gibt 20 proteinogene – also proteinbildende Aminosäuren. Aus diesen 20 Aminosäuren setzen sich alle Proteine zusammen. Wie die Legosteinchen in einem Legokasten, lassen sich Aminosäuren auch in unzähligen Kombinationen zusammensetzen. Jede Kombination liefert ein anderes Protein. Manche Proteine bestehen nur aus wenigen 100 Aminosäuren andere wiederum aus mehreren tausend.

    20 Aminosäuren bilden die Baueinheit unserer Proteine.

    Die meisten Aminosäuren kann der Körper selbst herstellen. Die Übrigen sind essentiell und müssen über die Nahrung zugeführt werden. Essentielle Aminosäuren sind Lysin, Leucin, Isoleucin, Threonin, Valin, Methionin, Phenylalanin und Tryptophan.

    1.2. Was unterscheidet die einzelnen Aminosäuren?

    Aminosäuren sind sehr kleine Moleküle, die sich in ihrem Aufbau und in ihren Eigenschaften unterscheiden. Entscheidend für die Einteilung als Aminosäure ist jedoch, dass alle Aminosäuren sowohl eine sogenannte „Aminogruppe“ und eine „Carboxylgruppe“ besitzen. Das sind bestimmte Atomgruppen im Molekül, die die Eigenschaften des gesamten Moleküls maßgeblich mit beeinflussen. Solche speziellen Atomgruppen nennt man auch „funktionelle Gruppen“. Bei Proteinen bilden sich genau über diese beiden Molekülgruppen dann die Verknüpfungen zwischen den einzelnen Aminosäuren aus. Diese Bindung nennt man Peptidbindung. So verknüpfen sich die einzelnen Aminosäuren zu langen Ketten. Stell dir einen Zug mit vielen Waggons vor. Jede Aminosäure ist ein Waggon und hat vorne und hinten eine Kupplung. Auf der einen Seite hat der Waggon einen Haken, auf der anderen Seite eine Öse. Es passt immer der Haken von einem Waggon in die Öse eines zweiten Waggons. Haken und Öse sind die Amino- und die Carboxylgruppe. Man kann immer nur Haken (Aminogruppe) und Öse (Carboxylgruppe) miteinander verbinden, nie Haken & Haken oder Öse und Öse. So schauen die Aminosäuren-Waggons immer in die gleiche Richtung, aber theoretisch sind unendlich lange Verbindungen möglich. Übrigens gibt es von jeder Aminosäure unendlich viele – ein Protein kann also zum Beispiel auch 20 Mal dieselbe Aminosäure enthalten. So sind sehr lange Kombinationen möglich.

    Kurze Ketten nennt man Peptide, lange Ketten Proteine.

    Sind bis zu 100 Aminosäuren in einer Kette aneinandergereiht, spricht man von Peptiden (kurze Proteine) und bei noch längeren Ketten dann von Proteinen. Man kann sich das Ganze auch ein wenig wie eine Perlenschnur vorstellen.

    Unterschiedliche Eigenschaften der Aminosäuren führen zu unterschiedlichen Eigenschaften der Proteine.

    Gerade hatten wir schon erwähnt, dass die unterschiedlichen Aminosäuren unterschiedliche Eigenschaften haben. Manche Aminosäuren haben basische oder saure Eigenschaften, sind wasserlöslich (hydrophil) oder wasserunlösliche (hydrophob)negativ oder positiv geladen usw. Die Eigenschaften der einzelnen Aminosäuren sind später maßgeblich mitentscheidend für die Eigenschaften und Funktionen des Proteins. Kommen viele hydrophile Aminosäuren vor, wird das Protein wahrscheinlich sehr gut wasserlöslich sein. Bei vermehrt hydrophoben Aminosäuren, wird sich das Protein nicht so gut in Wasser lösen lassen.

    1.3. Formenvielfalt bei den Proteinen

    Auch wenn man so ein einzelnes Proteinmolekül nicht sehen kann, ist es doch wichtig, sich bewusst zu machen, dass Proteine eine räumliche Struktur besitzen. Sie nehmen Platz im Raum ein und sie haben eine ganz bestimmte Form, die einzigartig für jedes Protein ist.

    Die lange Kette von aneinandergereihten Aminosäuren ist die sogenannte Primärstruktur von Proteinen. Jedes Protein hat eine ganz individuelle Sequenz aus Aminosäuren, die charakteristisch für dieses Protein ist. Neben dieser Primärstruktur faltet sich ein Protein aber weiter zu einer ganz bestimmten Form.

    Proteine falten sich kompakt zusammen.

    Abhängig davon, welche Aminosäuren in einem Protein vorkommen und in welcher Reihenfolge sie aneinandergereiht sind, falten sich Teilabschnitte des Proteins zu bestimmten Strukturen. Das sind hauptsächlich flächige Strukturen (sogenannte Faltblätter) oder helikal – also schraubenförmige Strukturen. Diese Strukturen nennt man Sekundärstruktur.

    Foto1: Shutterstock / molekuul_be
    Foto 2: Shutterstock / magnetix

    Man kann das vereinfacht so erklären, dass Aminosäuren lieber mit Aminosäuren interagieren, die ihnen ähnlich sind. Wenn diese Aminosäuren aber nicht direkt nebeneinander liegen, muss sich die Perlenkette eben falten, damit sich diese Aminosäuren näherkommen. Ein Protein kann nur aus Helices oder aus Faltblättern bestehen oder sowohl Helices als auch Faltblattstrukturen haben. Das gesamte 3-dimensionale Aussehen des Proteins bezeichnet man als Tertiärstruktur. Da gibt es zum Beispiel eher kugelförmige Proteine, wie das Hämoglobin oder lange faserförmige Proteine, wie das Collagen.

    Damit ein Protein sich gut in Wasser löst, muss es sich so falten, dass wasserlösliche Aminosäuren außen liegen und wasserunlösliche Aminosäuren innen.

    Nicht nur die Aminosäuresequenz, sondern auch die Faltung sind wichtige Einflussfaktoren für die unterschiedlichen Eigenschaften der Proteine. Schauen wir uns dazu mal zwei Beispiele an. Molkenproteine sind kugelförmige Proteine. Sie falten sich so, dass die wasserlöslichen Aminosäuren sich hauptsächlich an der Oberfläche der Kugel befinden und die wasserunlöslichen Aminosäuren eher im Inneren der Kugel angeordnet sind. Dadurch wird das Protein wasserlöslich. Auch ein Transportprotein in unserem Blut, wie zum Beispiel das Hämoglobin, das Sauerstoff transportieren kann, muss natürlich gut wasserlöslich sein, da unser Blut eine wässrige Lösung ist und Hämoglobin sonst nichts transportieren könnte. Solche Moleküle haben also vermehrt wasserlösliche Aminosäuren an der Oberfläche. Aber es gibt natürlich auch Proteine, die nicht wasserlöslich sind. Strukturproteine oder Muskelproteine zum Beispiel haben einen sehr kompakten Aufbau und sind daher nicht wasserlöslich. Wäre ja auch doof, wenn wir uns plötzlich beim Schwimmen auflösen würden.

    1.4. Denaturierung - Veränderung der Proteinstruktur

    Fassen wir nochmal zusammen: Jedes Protein besitzt eine spezielle Abfolge von Aminosäuren und nimmt eine charakteristische Form an. Beides ist ganz entscheidend für ihre biologische Funktion. Was aber passiert jetzt, wenn ich diese Struktur verändere?

    Die strukturelle Veränderung von Proteinen nennt man Gerinnung oder Denaturierung.

    Bei der Denaturierung werden Tertiär- und Sekundärstruktur der Proteine verändert bzw. zerstört. Die Struktur von Proteinen ist empfindlich gegenüber verschiedenen äußeren Einflüssen, wie zum Beispiel Hitze, Säure, Enzymen oder auch Salzen.

    Hitze und Säure können Proteine gerinnen lassen.

    Unter Hitzedenaturierung kann sich wahrscheinlich jeder etwas vorstellen, denn jeder von Euch hat schonmal ein Ei gekocht. Durch die Hitze beim Kochen oder Braten entfalten sich die Proteine im Ei. Aminosäuren, die vorher im Inneren des Moleküls versteckt waren, sind plötzlich an der Oberfläche und können mit Teilen anderer Proteine reagieren. Statt der vorher geordneten Struktur hat man nun plötzlich lauter ineinander verknäulte Ketten und statt des flüssigen nun ein hartgekochtes Ei.

    Foto: Shutterstock / Barbro Bergfeldt

    Bei Joghurt funktioniert das ganz ähnlich. Nur wird hier mit Säure und nicht mit Hitze gearbeitet. Die Milchsäurebakterien futtern den in der Milch enthaltenen Milchzucker, die Lactose auf und produzieren dabei Milchsäure. Durch die Säure verlieren die Caseine (bestimmte Milchproteine) in der Milch ihre Löslichkeit und fallen aus. Sie lagern sich dann zusammen und bilden dabei ein 3-dimensionales Proteinnetzwerk aus, das dafür sorgt, dass der Joghurt fest wird.

    Bei Käse läuft das Ganze übrigens enzymatisch ab. Das Lab (ein Enzym, das für die Käseherstellung nötig ist) schneidet sozusagen die wasserlöslichen Aminosäuregruppen von der Caseinoberfläche ab. Das bewirkt ebenfalls, dass das Casein nicht mehr löslich ist und sich fester Käse bildet.

    Käse, Joghurt, hartgekochte Eier – Beispiele für geronnenes Eiweiß

    Das Denaturieren von Proteinen ist aber nicht nur bei der Herstellung von Käse und Joghurt wichtig. Auch ernährungsphysiologisch ist es wichtig, dass Nahrungsproteine zunächst denaturiert werden. Aufgefaltete Proteinen können von unseren Enzymen viel besser in ihre Einzelteile zerlegt werden. Unsere Magensäure ist übrigens auch dazu da, die in der Nahrung enthaltenen Proteine zu denaturieren.

    2. Wo kommen Proteine eigentlich vor?

    Das ein oder andere Protein habe ich ja im bisherigen Text schon erwähnt. Viele Proteine werden heute auch mit der englischen Bezeichnung verwendet, wie zum Beispiel das Whey. Deshalb hier eine kurze Übersicht über Herkunft und Bezeichnung der wichtigsten Nahrungsproteine:

    2.1. Milchproteine

    Caseine und Molkenproteine sind beides Milchproteine.

    Milch enthält zwei Proteinfraktionen. Die Molkenproteine – es gibt nicht das eine Molkenprotein, sondern verschiedene Proteine, die man aufgrund ihrer Eigenschaften den Molkenproteinen zuordnet – und die Caseine. Auch hier wieder eine Gruppe verschiedener Proteine. Molkenproteine sind empfindlich gegenüber Hitze und bilden zum Beispiel bei Pudding oder Kakao die Milchhaut..

    Whey ist die englische Bezeichnung für Molkenprotein.

    Im Englischen werden Molkenproteine als Whey bezeichnet. Caseine sind hitzestabil jedoch nicht säurestabil und verantwortlich für das Festwerden von Joghurt oder Käse.

    2.2. Eiproteine

    Sowohl im Eigelb als auch im Eiweiß kommen unterschiedliche Proteine vor. Eigelb enthält zusätzlich noch Fett. Das mengenmäßig häufigste Protein ist das Ovalbumin, welches im Eiklar vorkommt.

    2.3. Fleisch als Proteinquelle

    Neben den Muskelproteinen, wie Myosin und Actin, um zwei wichtige Vertreter zu nennen, gibt es noch die Bindegewebsproteine, wie zum Beispiel Collagen und Elastin. Wobei Collagen in unserer Ernährung die bedeutendere Rolle einnimmt. Es findet sich hauptsächlich in Häuten, Sehnen, Knochen und bindegewebshaltigen Fleischstücken.

    2.4. Pflanzen als Proteinquelle

    Auch Pflanzen gewinnen immer mehr Bedeutung als Proteinquelle. Pflanzliche Proteinquellen sind zum Beispiel Hanfsamen, Reis, Erbsen und Lupine.

    In den weiteren Artikeln unserer Protein-Reihe beleuchten wir unter anderem die Bedeutung von Proteinen in der Lebensmittelherstellung und die unterschiedliche Wertigkeit von Proteinen aus tierischer und pflanzlicher Quelle.

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    Du fragst dich, wieviel Protein im Rahmen einer kohlenhydratreduzierten Keto Ernährung erlaubt ist? Die Antwort findest du in unserem ausführlichen Artikel zu ketogener Ernährung.

    Der Artikel wurde geschrieben von

    Marina Lommel

    Marina gründete Foodpunk nach ihrem Abschluss in Ernährungswissenschaften und ist aktuell CEO des Unternehmens. Während ihres Studiums arbeitete sie in verschiedenen Bereichen, darunter in der Wissenschaftsredaktion beim Radio, Redaktion beim TV und Uni-Wissensmagazin sowie im Labor am DZNE in der Parkinsonforschung. Marina ist außerdem Autorin von 5 ernährungswissenschaftlichen Sachbüchern.

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