Ernährung bei Gicht: 7 praktische Tipps

Geschrieben von Katharina Schipp
8 Minuten Lesezeit
23. Juni 2021 zuletzt aktualisiert am 8. Mai 2023 von Praktikum Foodpunk
Ernährung bei Gicht: 7 praktische Tipps

‚Die Krankheit der Könige‘ – so wird die Gicht (Arthritis Urica) auch im Englischsprachigen bezeichnet. Dabei setzen sich winzige Harnsäurekristalle in der Gelenkflüssigkeit ab und lösen dort anfallartige Entzündungsschübe aus. Wer schon einmal mitten in der Nacht durch extreme Gelenkschmerzen aus dem Schlaf gerissen wurde, weiß, dass das kein Spaziergang ist. Umso besser, dass mit Hilfe der richtigen Ernährung die schmerzhaften Gichtanfälle unter Kontrolle gebracht werden können. Wir haben die wichtigsten Grundregeln einmal zusammengetragen und helfen dir dabei, dem nächsten Gichtanfall vorzubeugen.

Inhaltsverzeichnis

    1. Wie entstehen die schmerzhaften Gichtanfälle?

    Es ist mal wieder so weit: Die vorderen Fußgelenke sind stark angeschwollen und gerötet, und dazu noch diese unerträglichen Schmerzen. Was ist da eigentlich los?

    Alles beginnt mit einem unscheinbaren Stoffwechselprodukt namens Harnsäure. Sie entsteht in der Leber durch den Abbau von so genannten Purinen, die entweder aus körpereigenen Reserven oder aus der Nahrung stammen. Anschließend gelangt sie in den Blutkreislauf, um schließlich von der Niere ausgeschieden zu werden. Im Normalfall halten sich Harnsäurebildung und -ausscheidung die Waage, sodass nur geringe Mengen Harnsäure im Blut enthalten sind.

    Bei circa 10% der Bevölkerung schafft es die Niere allerdings nicht ganz, mit der Harnsäurebildung mitzuhalten: Die Harnsäurewerte geraten aus dem Gleichgewicht und die Konzentration im Blut steigt an (‘Hyperurikämie’). Das ist erst einmal unbedenklich, kann aber in einigen Fällen gefährlich werden. Denn ähnlich wie Kalk in Wasser ist auch die Harnsäure nur schlecht im Blut löslich. Darum bildet sie Kristalle aus Natriumurat, die sich in der Gelenkflüssigkeit festsetzen. Hier spricht man bereits von der so genannten asymptomatischen Gicht.

    Ernährung bei Gicht - 7 praktische Tipps

    Die Gicht schlummert so über Jahre völlig symptomfrei vor sich hin und immer mehr mikroskopisch kleine Kristalle lagern sich in den Gelenken ein. Bis schließlich einzelne Kristalle wieder freigesetzt werden. Hier kommt das Immunsystem ins Spiel: Es erkennt die Kristalle als Fremdkörper und reagiert mit Entzündung. Die setzt wiederum weitere Kristalle frei, wodurch die Entzündung weiter verstärkt wird – ein Teufelskreis! Das Gelenk rötet sich und schwillt stark an, am meisten leiden die Betroffenen allerdings unter den starken Schmerzen.

    Wenn du bereits von Gichtanfällen geplagt wirst, ist es entsprechend wichtig einzulenken, denn unbehandelt kann die Gicht zu beschädigten, deformierten Gelenken führen und erhöht das Risiko für Nierensteine.

    Du möchtest dich auch gesünder ernähren?

    2. Mit Ernährung die Gicht lindern

    Wie so häufig spielt auch bei der Gicht die Ernährung eine entscheidende Rolle für den Krankheitsverlauf, denn mit ihrer Hilfe kannst du Einfluss auf deine Harnsäurebilanz nehmen. Einige Lebensmittel üben einen harnsäuresteigernden Effekt aus, indem sie zur Bildung von Harnsäure beitragen oder die Harnsäureausscheidung verlangsamen. Andere wiederum wirken harnsäuresenkend, indem sie die Nieren zur Ausscheidung von Harnsäure anregen. Das wirkt sich gleich doppelt positiv aus: Einerseits wird verhindert, dass sich weiter Harnsäure im Körper einlagert, andererseits kann akuten Gichtanfällen durch zu hohe Harnsäurekonzentrationen im Blut vorgebeugt werden.

    Ernährung bei Gicht - 7 praktische Tipps

    Wen einmal der Gichtanfall getroffen hat, sollte versuchen auf möglichst entzündungshemmende Kost zu setzen, um das Immunsystem wieder zu beruhigen. Vor allem Alkohol und Zucker können die Gicht unter Umständen noch weiter anfeuern und die Symptome verschlimmern.

    Außerdem ein spannender Zusammenhang: In den letzten Jahren wird zunehmend das Thema Darmbakterien bei Gichtpatienten von Wissenschaftlern unter die Lupe genommen. Denn deren Zusammensetzung unterscheidet sich so deutlich von derer gesunder Menschen, dass über das Darmmikrobiom die Gicht zu 80% zuverlässig diagnostiziert werden konnte. Probiotika und ballaststoffreiche Kost sind also definitiv einen Versuch wert, auch wenn der Zusammenhang noch nicht klar gezeigt wurde. Mehr spannende Infos über das Mikrobiom findest du hier: Die Darmflora und der Einfluss von Prä- und Probiotika.

    3. Unsere Tipps für eine Ernährung bei Gicht

    Vermeide Purine aus Fleisch und Fisch

    Purine sollten nur eingeschränkt verzehrt werden, immerhin sind sie der Stoff, aus dem die Harnsäure gebildet wird. Die gute Nachricht: Anders als früher noch angenommen, sind Purine aus pflanzlichen Quellen nicht davon betroffen. Milchprodukte konnten trotz Purinen sogar dabei helfen, den Harnsäurespiegel zu senken, du kannst sie also möglichst häufig in deinen Speiseplan einbauen. Bei Fleisch und Fisch solltest du dich auf 3 bis 4 Portionen pro Woche beschränken und Innereien, Stücke mit Haut oder Krustentiere (Hummer, Krabben, Garnelen) komplett streichen. Aber keine Sorge: Auch (beinahe) vegetarische Küche kann lecker und abwechslungsreich sein.

    • Vermeiden: Innereien, Fleisch oder Fisch mit Haut, Krustentiere, Sardinen & Forellen, große Mengen Fleisch oder Fisch
    • Bevorzugen: Milchprodukte, Gemüse, Eier

    Verzichte auf Alkohol

    Ernährung bei Gicht - 7 praktische Tipps

    Alkohol wirkt sich gleich doppelt negativ aus: Zum einen fördert er die Harnsäurebildung in der Leber, zum anderen hemmt das beim Abbau entstehende Laktat die Harnsäureausscheidung in der Niere. Aus diesem Grund solltest du, um keinen Gichtanfall auszulösen, maximal 3 alkoholische Getränke pro Woche zu dir nehmen und davon nicht mehr als eines am Tag. Die stärksten Effekte traten beim Konsum von Bier und Spirituosen auf – Wein ist hiermit das alkoholische Getränk deiner Wahl.

    • Vermeiden: Bier, Spirituosen
    • Bevorzugen: Wein (in Maßen!), alkoholfreie Getränke

    Vermeide Fructose

    Der Fruchtzucker Fructose enthält zwar keine Purine, aber trägt leider trotzdem zur Harnsäurebildung bei. Denn auch hier entstehen Abbauprodukte, die wiederum in Harnsäure umgewandelt werden – das dadurch erhöhte Gichtrisiko ist mittlerweile klar belegt. Gelegentlich moderate Obstmengen sind weniger kritisch als gesüßte Softdrinks oder andere verarbeitete Lebensmittel mit hohem Zuckergehalt, wie Gummibärchen oder Schokolade.

    • Vermeiden: Softdrinks, unverdünnte Säfte, große Mengen fructosereiches Obst
    • Bevorzugen: fructoseärmere Obstsorten, Beeren

    Vorsicht auch beim Zuckerersatz: Xylit wirkt harnsäuresteigernd und sollte gemieden werden. Hier ist Erythrit besser geeignet.

    Ernähre dich kohlenhydratarm

    Auch wenn Kohlenhydrate nicht direkt den Harnsäurespiegel erhöhen, bietet sich ein Umstieg auf Low Carb an. Hohe Insulinmengen, wie sie durch kohlenhydratreiche Mahlzeiten freigesetzt werden können, hemmen nämlich die Harnsäureausscheidung in der Niere und erhöhen damit den Harnsäurespiegel im Blut. Aus diesem Grund gibt es auch einen klar belegten Zusammenhang zwischen der Diabetesvorstufe Insulinresistenz und Gicht. Vor allem Zucker ist problematisch: Er enthält Fructose, aus der Harnsäure entsteht, und lässt auch noch den Blutzucker rasant ansteigen. Weitere Gründe, um auf Zucker zu verzichten findest du in diesem Artikel: Warum du ab sofort auf Zucker verzichten solltest.

    Wenn du dich ketogen (sehr kohlenhydratarm) ernähren möchtest, solltest du allerdings etwas vorsichtiger sein. Die Ketonkörper, die als Reaktion auf den Kohlenhydratentzug produziert werden, können nämlich die Harnsäureausscheidung in der Niere behindern und so zu Beginn der Ernährungsumstellung Gichtanfälle auslösen. Nach der Adaptionsphase legt sich dieses Risiko allerdings wieder und schließlich kann die ketogene Diät sogar Gelenksentzündungen lindern, indem sie das so genannte NLRP3-Inflammasom, einen Entzündungskörper, hemmt.

    • Vermeiden: Zucker, große Mengen Nudeln, Kartoffeln, Weißbrot
    • Bevorzugen: Süßkartoffeln, Gemüse, Quinoa

    Achte auf deine Flüssigkeitszufuhr

    Ernährung bei Gicht - 7 praktische Tipps

    Der Arzt sagt es schon immer: Trinken, trinken, trinken! (Natürlich alkoholfreies ). Circa 2 Liter Flüssigkeit braucht der Körper am Tag, um seine Aufgaben optimal zu erfüllen, im Sommer auch gerne 0,5 bis 1 Liter mehr. Vor allem für Gichtpatienten ist das wichtig, denn nur über den Harn kann die Harnsäure (daher auch der Name) ausgeschieden werden. Achte darauf, dass du keine Getränke mit Zucker oder Alkohol wählst. Die bessere Alternative sind hydrogencarbonatreiche Mineralwässer und – Kaffeejunkies aufgepasst – Kaffee! Dieser kann nämlich effektiv dabei helfen, den Harnsäurespiegel zu senken.

    • Vermeiden: Softdrinks, unverdünnte Säfte, Alkohol
    • Bevorzugen: Mineralwasser, Kaffee

    Abnehmen ja, Hungern nein

    Nicht selten tritt Übergewicht als Begleiterscheinung von Gicht auf. Solltest auch du davon betroffen sein, ist es ratsam einige überschüssige Pfunde abzubauen, denn auch das wirkt sich positiv auf die Harnsäurebilanz aus. Auch wenn schnelle Ergebnisse motivierend sein können, solltest du unbedingt hohe Kalorienrestriktionen und Fastenphasen vermeiden. Denn dabei werden Purine aus den eigenen Körperreserven freigesetzt, die, ebenso wie die aus der Nahrung, Gichtanfälle auslösen können. Setze lieber auf einen etwas gemächlicheren und gesunden Gewichtsverlust mit einem kleineren Kaloriendefizit. So fühlst du dich dabei besser, die Abnahme ist nachhaltiger und du musst keine schmerzhaften Gichtanfälle währenddessen erleiden.

    • Vermeiden: Fasten, hohe Kaloriendefizite
    • Bevorzugen: langsamere und nachhaltige Abnahme

    Supplementiere Vitamin C

    In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass Vitamin C den Harnsäurespiegel im Blut und das Gichtrisiko senkt. Der Zusammenhang ist hier zwar noch nicht eindeutig geklärt und weitere Studien sind notwendig, dennoch sagen wir: schaden kann es nicht. Eine tägliche Dosis von 500mg Vitamin C genügt, um die positiven Effekte zu erzielen.

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    4. Dein individueller Ernährungsplan bei Gicht

    Ernährung bei Gicht: Mairübchenpuffer

    Bei Gicht die Ernährung umstellen: Das hört sich erst einmal leichter an als es ist. Und das ist auch ganz normal, denn die Ernährung beeinflusst nicht nur die Gesundheit, sondern auch soziale, finanzielle und seelische Aspekte des Lebens. Ein konkreter Ernährungsplan kann dir dabei helfen, dich an neue Lebensmittel und Rezepte zu gewöhnen, ohne ständig in Sorge vor dem nächsten Anfall zu leben. Wir wissen genau, welche Lebensmittel sich gut auswirken und von welchen du besser die Finger lassen solltest und können dir die Sorge um deine Gicht abnehmen. Dazu schneiden wir jede Mahlzeit genau auf deine Bedürfnisse zu und berücksichtigen deine individuellen Essgewohnheiten sowie eventuelle Begleiterkrankungen. Mit unserer Hilfe schaffst du es, dich an eine gesunde, gichtfreundliche Ernährung zu gewöhnen, von der letztendlich nicht nur deine Gelenke, sondern dein ganzer Körper, deine Gesundheit und dein seelisches Wohlbefinden profitieren. Probier es aus!

     

    Weiterführende Links:

    Gicht und Ernährung

    Role of Vitamin C in Prophylaxis and Treatment of Gout—A Literature Review

    Intestinal Microbiota Distinguish Gout Patients from Healthy Humans

    Renal clearance of uric acid is linked to insulin resistance and lower excretion of sodium in gout patients

    FETeV: Hyperurikämie und Gicht – Ernährungstherapie

    Der Artikel wurde geschrieben von

    Katharina Schipp

    Autorin dieses Artikels ist Katharina Schipp. Sie hat drei Jahre Ernährungswissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena studiert. Nun unterstützt sie seit Januar 2021 das Team Foodpunk im Kundensupport und der Redaktion.

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